Die Berufung

Die Kreuzritter erkennen den Sinn und Zweck ihres Daseins im folgenden Ruf nach Heiligkeit:

“O Seele! Lebendiges Abbild Gottes, erkauft mit dem kostbaren Blute Jesu Christi, Gott hat dir gegenüber den dringenden Wunsch, dass du nach seinem Vorbild heilig werdest in diesem Leben und glückselig im andern. 

Die Erlangung der Heiligkeit Gottes ist deine ständige Lebensaufgabe. Darauf müssen alle deine Gedanken, Worte und Werke, deine Leiden und alle Bestrebungen deines Lebens gerichtet sein; sonst widerstehst du Gott, indem du nicht den Zweck erfüllst, zu dem er dich erschaffen und bis auf diesen Augenblick erhalten hat. 

Welch erhabene Aufgabe! Der Staub soll verwandelt werden in Licht, der Schmutz in Reinheit, die Sünde in Heiligkeit, das Geschöpf in seinen Schöpfer und der Mensch in Gott! Welch wunderbares Werk! Aber ein Werk, schwierig in sich selbst und unmöglich für unsere rein natürlichen Kräfte. Gott allein kann dich durch seine Gnade und zwar nur durch eine überfließende außerordentliche Gnade zu diesem Ziele führen. Die Schöpfung der ganzen Welt ist ein Meisterwerk, aber nicht so groß, wie dieses Werk der Gnade. […]

O Seele, was wirst du tun, welches Mittel wirst du wählen, um die Höhe zu erreichen, auf die dich Gott beruft? Die Mittel des Heils und der Heiligung sind jedermann bekannt; im heiligen Evangelium sind sie verkündet, erklärt von den Lehrern des geistlichen Lebens, geübt von den Heiligen und notwendig für alle, welche ihre Seele retten und zur Vollkommenheit gelangen wollen. Es sind die Demut des Herzens, das beständige Gebet, die allseitige Abtötung, die Hingabe an die göttliche Vorsehung und die Gleichförmigkeit mit dem Willen Gottes.”

– Hl. Ludwig Maria Grignion

Gestärkt von diesen Worten richtet ein jeder Kreuzritter den Blick aufs Kreuz und antwortet dem Ruf Gottes: “nicht mein, sondern dein Wille geschehe.”

Der Schwachheit seiner Seelenkräfte bewusst, stürzt er sich ganz auf die Fürbitte seiner Gottesmutter Maria, seines Patrons dem heiligen Josef und allen Heiligen und Engeln, die in ihren Fürbitten so wundersame Mittlerkraft haben.

Im täglichen Leben gemäß seines Standes weiht und opfert er all seine Worte, Gedanken und Werke dem Heilsplan unseres Erlösers Jesus Christus auf und dient allein Ihm. 

Da die Kreuzritter in tiefer Kontemplation erkannt haben, dass allein ihr König Jesus Christus der Heilige ist, und sie selbst also nicht vermögen ihm ähnlich zu werden, vertrauen sie sich ganz der göttlichen Barmherzigkeit an, welche durch den Heiligen Geist in Ihnen Jesus Christus gebären möchte.

Im Angesicht ihrer Unwürdigkeit vor der Reinheit ihres Erlösers versuchen sie erst garnicht aus eigener Seelenkraft den Heiligen Geist in ihr Herz hinabzurufen – denn dies ist ein aussichtsloses Unterfangen- sondern stützen sich vielmehr auf die Fürsprache der Gottesgebärerin Maria, welche gleichsam im Heilsplan die Braut des heiligen Geistes ist.

So übergeben sie ihre Herzen ganz an die Jungfrau Maria, welche den Heiligen Geist bitten wird, alle Herzen der Menschen, die sich als ihre Kinder anvertrauen, mit dem Herzen Jesus Christi auszutauschen.

Wahrlich, gibt es einen sicheren und direkteren Weg um im neuen Bund mit Christus vereint in wahrer Heiligkeit zu leben?

Bezeugen nicht all die Heiligen, die vor uns den Weg durch die Fürbitte Marias beschritten, dass dies der offenbarte Weg des Heilsgeschehen ist zur Erlösung aller Menschen guten Willens?

Törricht der Mensch, welcher ein solches Gnadenangebot Gottes ausschlägt! Nichts als Hochmut und Stolz in den Herzen derjenigen, die meinen aus eigener Kraft die notwendige Heiligkeit erlangen zu können. Kann wirklich ein Mensch annehmen, er könnte das Himmelsreich betreten ohne die Fürsprache Marias und ohne Maria zu lieben?

Wird Christus demjenigen nicht vielmehr vorwerfen: “ Bevor ich am Kreuze starb, gab ich dir meine geliebte Mutter als deine Mutter. Wieso hast du dieses Gnadengeschenk zu deinen Lebzeiten abgelehnt und dich gegen ihre grenzenlose Liebe gestellt?”

So wollen wir -die Kreuzritter- jetzt unsere Augen öffnen und in gleichsamer Demut und Gehorsamkeit, wie die Heilige Gottesmutter Maria, das Gnadengeschenk Gottes – Ihre Mittlerschaft – annehmen und unter dem Schutz ihres Mantels in ihrer Reinheit ein Leben der Heiligkeit leben:

“Deshalb umgürtet die Lenden euerer Gesinnung, seid nüchtern und setzt euere Hoffnung ausschließlich auf die Gnade, die euch in der Offenbarung Jesu Christi dargeboten wird. Als Kinder des Gehorsams richtet euch nicht nach den Begierden, die euch früher, in der Zeit euerer Unwissenheit beherrschten, sondern, wie jener heilig ist, der euch berufen hat, so sollt auch ihr heilig werden in euerem ganzen Lebenswandel. Es steht ja geschrieben:
Heilig sollt ihr sein, weil ich heilig bin.
Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person einen jeden nach seinem Tun beurteilt, dann führt auch während euerer Zeit in der Fremde ein leben in Gottesfurcht.”
1 Brief Petrus 1, 13-17